- Nordischer Krieg, Erster
- Nordischer Krieg, ErsterPolen war nicht unmittelbar am Dreißigjährigen Krieg beteiligt gewesen, aber wachsende ethnische, religiöse, politische und soziale Spannungen hatten schwere innenpolitische Erschütterungen ausgelöst. Vor allem das Streben der Kosaken, einer Gruppe freier Grenzbewohner und Krieger am Unterlauf des Dnjepr, sich der Ausbeutung durch die polnischen Magnaten zu entziehen, führte zum Konflikt mit dem Großfürstentum Moskau, in dessen Verlauf sich Hetman Boddan Chmelnizki 1653 dem Zaren Alexander Michailowitsch (1645-76) unterstellte, sodass von Polen beträchtliche Territorialverluste im Nordosten hingenommen werden mussten.Diese Schwächung der Adelsrepublik nutzte der neue schwedische König Karl X. Gustav zum Angriff (Erster Nordischer Krieg). Bis Oktober 1655 konnte er, verbündet mit Russland und Brandenburg, Litauen, Preußen und weite Teile Groß- und Kleinpolens besetzen. Kurfürst Friedrich Wilhelm I. von Brandenburg nahm 1656 das Herzogtum Preußen und Ermland vom Schwedenkönig zum Lehen und beteiligte sich ebenso an den »Kriegen der blutigen Sintflut« wie Dänemark und Siebenbürgen. Die erfolgreiche Verteidigung des Paulinerklosters in Tschenstochau und die symbolische Proklamation der Mutter Gottes zur Königin Polens 1656 leitete den militärischen Umschwung ein.Nach dem Vertrag von Wehlau (19. September 1657), in dem das Herzogtum Preußen aus der polnischen Vasallität entlassen und die Religionsfreiheit der Protestanten im Weichselland garantiert wurde, wechselte Brandenburg ebenso wie der Zar die Fronten. Die Schweden hatten zwischenzeitlich Dänemark den Frieden von Roskilde (1658) aufgezwungen, waren allerdings vor Kopenhagen gescheitert. Im Frieden von Oliva (1660) musste der polnische König Johann II. Kasimir (1648-68) endgültig auf seine Ansprüche in Schweden und auf Livland verzichten. Nach mehrfachem Aufflackern der Kämpfe wurde mit Moskau der Waffenstillstand von Andrussowo (1667) geschlossen, bei dem Polen/ Litauen die Ukraine bis zum Dnjepr und Kiew mit 233000 km2 und 1,6 Millionen Menschen einbüßte. Der Krieg, die Pest und Hungersnöte hatten ganze Landesteile entvölkert und lösten eine tief greifende soziale Krise aus.Dazu trug auch die Pervertierung des Liberum veto bei. Gewohnheitsrechtlich stand jedem Adligen die »freie Stimme« zu, was im Laufe der Zeit die Entwicklung zum äußersten Einstimmigkeitsprinzip begünstigte. Nachdem 1652 erstmals ein einzelner Landbote mit seinem Einspruch den Sejm »zerrissen« hatte, machten sowohl einheimische Magnaten als auch ausländische Höfe immer häufiger von der nie ausdrücklich sankionierten Praxis des Jus vetandi, des Rechtes auf Einspruch, Gebrauch, um ihnen unliebsame Entscheidungen zu verhindern. So fielen zwischen 1623 und 1788 53 Reichstage dem »Zerreißen« zum Opfer.Alle Initiativen, die politische Selbstverstümmelung zu beenden, die königliche Autorität zu stärken und Mehrheitsbeschlüsse zuzulassen, blieben ohne Erfolg. Allein mithilfe von Konföderationen, freiwilligen Zusammenschlüssen des Adels, die ihre Beschlüsse mit Stimmenmehrheit fassten, konnten die verheerenden Folgen des Liberum veto zeitweilig gemildert werden.
Universal-Lexikon. 2012.